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Aktienhandel - In Millisekundenschnelle

Der Computer ersetzt an der Börse immer häufiger den Menschen. Algorithmischer Handel macht 40 Prozent des Handels aus. Automatisch gleichen Algorithmen die Kurse an - schneller, als ein Mensch es könnte.

Der algorithmische Handel erlangt an den Börsen ein immer größeres Gewicht. Auf dem elektronischen Handelssystem Xetra macht er schon 40 Prozent aller Handelsaktivitäten aus. Die Tendenz ist steigend. Unter algorithmischem Handel sind jene Wertpapieraufträge zu verstehen, die auf der Basis von Computermodellen ohne menschliches Eingreifen aufgegeben werden. Die Rechenmaschinen sind so programmiert, dass sie bei bestimmten Szenarien am Aktienmarkt eine bestimmte Aktie in einer bestimmten Menge kaufen oder verkaufen. Ein lebender Händler hat damit unmittelbar nichts mehr zu tun.

Hauptsache, es ist etwas los

Auch spielt die generelle Stimmung an der Börse keine Rolle. „Uns ist es am liebsten, wenn es an der Börse hoch hergeht, ob die Kurse steigen oder nicht, spielt dabei keine Rolle“, sagt Timo Wagner, Geschäftsführer der International Algorithmic Trading GmbH (IAT). Im einfachsten Fall profitiert sein Unternehmen von einem Kursunterschied derselben Aktie an zwei Börsen. Kostet eine Daimler-Aktie in Frankfurt beispielsweise 4 Cent mehr als in Mailand, sorgt das Computerprogramm augenblicklich dafür, dass in Frankfurt Daimler-Aktien verkauft und in Mailand Daimler gekauft werden, bis sich die Preise angeglichen haben.

Etwas komplizierter sind die Algorithmen auf bestimmte statistische Auffälligkeiten: Aus historischen Daten lässt sich womöglich erkennen, dass der Kursverlauf einer Aktie in einem engen Verhältnis zum Gesamtmarkt steht. Steigt zum Beispiel der Dax-Future kurzfristig schnell an und der Kurs der Siemens-Aktie ist noch unverändert, wird diese häufig bald darauf auch einen Anstieg erfahren. Das Computerprogramm sorgt unmittelbar für den Kauf.

Zehn Millisekunden sind eine Ewigkeit

Da viele Händler statistische Auffälligkeiten beobachten, kommt es beim Handel auf jede Millisekunde an, weil die erwartete Reaktion sonst eintritt, bevor der Computer reagiert hat. Die nahe Hamburg beheimatete IAT hat deshalb 30 Hochleistungs-Server direkt an der Börse in Frankfurt aufgestellt. „Der Wertpapierauftrag braucht etwa eine Millisekunde auf 100 Kilometer“, erklärt Wagner.

Menschen als Notbremse

Eine Garantie für Gewinne ist der algorithmische Handel natürlich nicht. Auf 60 zu 40 schätzt Wagner das Verhältnis der ertragreichen Geschäfte zu den verlustreichen. Läuft bei einem Geschäft sichtbar etwas schief, wird der Algorithmus gestoppt. Dafür und für die Entwicklung und Anpassung der Computerprogramme brauchen die computergetriebenen Händler Personal. Den Handel selbst macht der Computer von alleine.

Dass sich das Geschäft insgesamt lohnt, zeigt die Statistik der Deutschen Börse. „Die erste technologische Revolution im Handel von Finanzinstrumenten fand vor etwa zehn Jahren statt, als wir das elektronische Handelssystem Xetra in Betrieb nahmen“, sagt Michael Krogmann, Vertriebsdirektor im Kassamarkt der Deutschen Börse. „Auf die Automatisierung der Börsen folgte in den vergangenen Jahren die Automatisierung der Auftragserteilung bis hin zur Investitionsentscheidung selbst - das Algotrading. Seither konnten wir immer mehr algorithmischen Handel auf Xetra gewinnen.“

Im Jahr 2003 lag der Anteil am Handelsvolumen auf Xetra bei 15 Prozent, 2005 waren es 25 Prozent, und heute beträgt der Anteil an einem insgesamt ohnehin deutlich höheren Handelsvolumen rund 40 Prozent. Vor allem die großen Banken betreiben algorithmischen Handel, aber auch spezialisierte Hedge-Fonds und selbständige Eigenhändler betätigen sich auf diesem Geschäftsfeld.

Rabatt auf den Algorithmus

„Die algorithmischen Händler bekommen bei uns eine Kennung und erhalten so einen Abschlag auf die Transaktionskosten von bis zu 49 Prozent“, sagt Krogmann. 353 solcher Kennungen hat die Deutsche Börse vergeben. Das größte Volumen registriert die Deutsche Börse in den Dax-Werten, aber auch in vielen kleineren Werten und börsengehandelten Investmentfonds (ETF) sind algorithmische Händler mittlerweile aktiv. Dem Privatanleger nutzt das erhöhte Handelsvolumen. Denn je geringer die Handelsumsätze in einer Aktie sind, zu desto ungünstigeren Kursen muss er seine Aktien kaufen und verkaufen. Ein reger Handel hingegen bessert die Konditionen.

Die Angst, dass der rein computergesteuerte Handel das gesamte System ins Wanken bringen könnte, gibt es bei der Deutschen Börse nicht. „Die algorithmischen Händler haben einen Panik-Button, den sie betätigen, wenn in ihrem System etwas schiefläuft“, sagt Krogmann.

Solche Fehlentwicklungen sind jedoch eher die Ausnahme, weiß Timo Wagner von IAT zu berichten. Bis zum Mittag hat sein Handelshaus 13.000 Wertpapiergeschäfte abgewickelt. Das sind in den fünf Handelsstunden 43 in jeder Minute. Bis um 17.30 Uhr werden alle Positionen glattgestellt sein. Am Ende eines Tages besitzt IAT keine einzige Aktie mehr.


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